Das Wittenberger Jungfernröhrwasser - Technik
Sehenswürdigkeiten <<<Zurück Überblick Geschichte
Technik
Galerie

Kurzinfo für Eilige:

Wittenberg besitzt mit dem noch heute fließenden "Altes und Neues Jungfernrörwasser" ein einmaliges technisches Denkmal aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 1556 schlossen sich sieben wohlhabende Bürger Wittenbergs zu einer "Röhrwassergewerkschaft" zusammen und ließen auf eigene Kosten ein Quellgebiet vor den Toren der Stadt erschließen und von dort eine Röhrwasserleitung mit natürlichem Gefälle in die Collegienstraße bis zum Markt legen. Eine achte Anschlußstelle schenkten sie Philipp Melanchthon für seine Verdienste um Stadt, Kirche und Schule. Diese Röhrfahrt wurde später "Altes Jungfernröhrwasser" genannt.

Schon 1559 gründete die selbe Gruppe von Bürgern eine neue Gewerkschaft um eine weitere Röhrwasserleitung in die Stadt legen zu lassen, das "Neue Jungfernröhrwasser".

Das Alte und das Neue Jungfernröhrwasser sind bis heute funktionstüchtig und werden immer noch von der "Gewerkschaft Altes und Neues Jungfernröhrwasser der Lutherstadt Wittenberg e.V." betreut. Auf vielen Höfen in der Altstadt sind noch fließende Zapfstellen vorhanden.

hölzerne RohrleitungIm Quellgebiet wurde das Wasser in Brunnen gesammelt. Von dort floß das Röhrwasser in vierbohrichten Holzröhren (Durchmesser der Baumstämme etwa 30 cm, Durchmesser der Röhre etwa 10,5 cm) durch natürliches Gefälle in die Stadt. Geschmiedete Buchsen (walzenförmige, etwa 5 - 10 cm breite Eisenringe) wurden je zur Hälfte in die Stöße der Rohre geschlagen und verbanden die Holzröhren. Der Einlauf zum Röhrwasser war mit einem Sieb versehen, um Verunreinigungen und Verstopfungen zu vermeiden. Diese Röhrleitung nannte man auch eine Röhrfahrt. Sie lag mindestens 0,8 bis 1 Meter unter der Erde.Bohrstange

In den Straßen der Stadt wurde das Wasser von der Hauptleitung durch dreibohrichte (Durchmesser ca. 8,2 cm) oder zweibohrichte (Durchmesser ca. 5,5 cm) Holzröhren auf die Höfe geführt. Im Hahnhaus auf der Straße wurde mit dem Hahnhausschlüssel die Zuleitung an- oder abgestellt. Der verschließbare Deckel des Hahnhauses in Straßenhöhe konnte nur gemeinsam durch den Rohrmeister und den Abnehmer geöffnet werden. Solch ein Hahnhaus ist heute unter der Einfahrt zum Beyerhof (Markt 6, Brauhaus) zu sehen.Absperrhahn

Auf dem Hof stieg das Röhrwasser in dem Ständer bis zu einer Ausflussöffnung und floss dann in der vorgeschriebenen Höhe aus einem horizontalen Rohr (Durchmesser 8 mm) Tag und Nacht, Sommer wie Winter in den Wassertrog. Die Rohrkästen (Wassertröge) auf den Höfen wurden aus starken Brettern, erst später aus Sandstein bzw. Mauerwerk, angefertigt. Zum Abdichten verwendete man Moos, Pech, Schwefel, Harz und Wachs.

Die Auslaufhöhe wurde von der jeweiligen Gewerkschaft so bestimmt, dass das zinnerne Wassermaß in der vorgeschriebenen Zeit voll war (in 1 Minute etwa 2,0 bis 2,5 Liter). Aus dem vollen Wassertrog strömte das überflüssige Röhrwasser in einer Rinne über den Hof auf die Straße und von dort in die vorbeifließenden Bäche.

Einige Fakten zu den Wittenberger Röhrwassern:

Gewerkschaft
Entstehung
Auflösung
Portionen
(1749)
Höhenunterschied
(Quelle-Stadt in m)
Gefälle
(m/km)
Gesamtlänge
(km)
Schloßröhrwasser 1542/43 1929 21 41,0 8,37 6,2
Altes Jungfernröhrwasser 1556 - 24 13,8 5,31 4,2
Neues Jungfernröhrwasser 1559 - 36 12,2 4,52 4,3 + 4,4
Rhodisches Röhrwasser 1625 1942 19 18,5 3,63 6,3
Eiserwasser 1690 ca. 1763/91 6 19,8 8,61 2,6
gesamt 106 28,0
Auslaufstellen

Bei einer Gesamtlänge von 28 km und der Länge einer einzelnen Holzröhre von ca. 2 m, wurden rund 14.000 Holzröhren zum Bau der Röhrwasserleitungen benötigt. Wenn man annimmt, dass aus einem Baum etwa 4 Hölzröhren gewonnen werden konnten, so sind für den Bau der Röhrwasserleitungen im Laufe der Jahre etwa 3.500 Bäume gefällt worden.

Im "Wochenblatt" vom 30.7.1773 wurde von Titius eine "Geschmackliche Reihenfolge" des Wassers aufgestellt. Diese kommt zu folgendem Ergebnis:

  1. Rhodisches Röhrwasser
  2. Neues Jungfernröhrwasser
  3. Altes Jungfernröhrwasser
  4. Schlossröhrwasser
  5. Eyserwasser

Sehenswürdigkeiten <<<Zurück Überblick Geschichte
Technik
Galerie

[Homepage] [Veranstaltungen] [Web-Adressen] [Sehenswürdigkeiten] [Ausstellungen] [Stadtführungen] [Fotos] [Öffnungszeiten] [Impressum] [Disclaimer]


Sie haben Fragen oder Anregungen zu dieser Website? Den Webmaster von WB4You erreichen Sie per E-Mail unter info(at)wb4you.de oder telefonisch unter +49 177 2321641.


Sie sind von einer Suchmaschine direkt auf diese Seite geleitet worden? Dann klicken Sie bitte hier für das gesamte Angebot von WB4You.